Text von Karl-Peter Schwarz in der Presse

Lesezeit: ~4 Minuten

So vorzeitige Mittagspause und ich gehe mit euch den quergeschrieben-Text von Karl-Peter Schwarz in @DiePressecom durch. Warum? Weil es eine angesehen Tageszeitung ist, auch wenn sich der Inhalt nicht von Sezession und Co unterscheidet. Und deswegen beschäftigt es mich. Thread.

Die Überschrift fragt „Ist Europa noch christlich o schon global-humanitär?“. Das ist e interessanter Gegensatz d im nationalistisch-religiösen Lager gerne konstruiert wird – Religion nicht a universialistische Ideologie, sondern a nationale Identität. Und Europa ist hier Nation.
Global und globalistisch sind im Übrigen sehr beliebte Codes u Narrative gerade. Auch Trump spricht im Zusammenhang mit migrant caraven von den „globalists“, die den steuern würde. Ihr erkennt hier e kaum kaschierten Antisemitismus. Kl. weltumspannende Elite steuert Weltgeschehen
Danach spricht er von einer „wiss. Religion“, die sich ausbreitet. Das dient zur Verächtlichmachung der Wissenschaft an sich. Sie soll als abgehoben und eben „global“ dargestellt werden, im Gegensatz zur Wurzel gebenden Familie, Nation oder eben national verankerten Gott.
Und es ist eigentlich so bizarr, denn Wissenschaft und Universität sind ganz tief bürgerliche geprägte Institutionen. Aber genau aus diesem heraus kommt der Kampf gegen Wissenschaft, Rationalität, Aufklärung. Das ist nichts Neues, das war auch schon in den 20ern so, gerade i Wien
Als nächstes behauptet Schwarz Europa sei christlich und das mache Europa so schön, alles Andere hätte Europa zerstört. Das ist ei völlige Negation gesellschaftlichen Zusammenlebens u ein völlig undialektisches Denken. Er propagiert Rigorosität und Monokausalität, d unhaltbar ist
Jede menschliche Gesellschaft ist eine Mischkulanz aus allem was davor kam, ungleichzeitig, überlappend, harmonisch und im Widerspruch. Wir haben Überbleibsel aus dem Heidentum (hallo Weihnachtsbaum), viele christliche Traditionen, Aufklärung, soziale Kämpfe, Judentum, Islam usw
Weil gerade Europa das Ergebnis des (erzwungenen, gewaltvollen; friedlichen, auf Handel basierenden usw) Kontakts mit der ganzen Welt ist. Das ist nicht neu. Schon in d tiefsten Völkerwanderungszeit war das so.
Auch ganz abgelegene Gebiete wie Skandinavien waren geprägt d Kontakt
Er bezeichnet NS und „Kommunismus“ als atheistisch u im Kampf gegen die Kirche. Das ist faktisch falsch. Der NS hatte e ambivalente Geschichte zur kath. Kirche. Auf den Gürtelschnallen der Wehrmacht stand „Gott mit uns“. Atheistisch war NS in keinem Fall. Esoterisch u christlich
Solche Aussagen dienen einerseits der Gleichsetzung von NS und „Kommunismus“, also Extremismustheorie. Andererseits der Selbstinszenierung als Opfer und dadurch der Immunisierung für alles jetzt gesagte. Weil wir ja d eigentlichen Opfer d NS sind ist alles wahr was ich jetzt sage
Als nächstes die Strategie des Entlastungszeugen. Finde eine einzige Person d „Gegenseite“, wo du e Satz verwenden kannst um deinen Standpunkt zu untermauern. Wird gerne zB bei Muslimen gemacht ohne einzuordnen wie relevant d Person für Diskurs ist. Hier Delors. Machen Idis gern.
Ok, jetzt wird es wild. „Zugewanderte“ (das Wort Asyl wird vermieden u damit suggeriert, d Menschen würden nicht v Krieg und Elend fliehen) a „Afrika“ und „dem Nahen Osten“ sind Schuld an Verlust v Liberalismus, Klassenstolz, Aufklärung etc. Er subsummiert d unter christl Europa!
Als ob Aufklärung, Liberalismus, Humanismus, Sozialismus nicht genau dialekt. Antworten auf die rigorose Herrschaft der christl absolut Herrscher_innen gewesen wären! Das waren doch Bewegungen gegen das von Schwarz so verehrte christl. Europa. Das ist intellekt. ziemlich dreist.
Eine weitere beliebte Strategie ist es dauernd von der „herrschenden“ oder „offentlichen“ Meinung zu stöhnen gegen die man ja nix sagen dürfe. Aber er ist Journalist, schreibt in zig Blättern und hat eine Kolumne in d führenden konservativen Zeitung. Er IST d öffentliche Meinung.
Aber hier schlägt wieder das anti-dialektische Denken durch. Es geht nicht um Diskurs, sondern um Diskurszerstörung. Solange noch jemand eine andere Meinung hat als ich, ziehe ich mich ins Schmollwinkerl zurück und fabuliere von einer linken Hegemonie, die mich erdrückt.
Das ist besonders perfide, weil sie ganz klar macht: Humanismus, Aufklärung, Sozialismus, Liberalismus haben nichts im öffentlichen Diskurs zu suchen. Wenn jemand solche Ansichten äußert, dann sind sie unterdrückend. Legitim ist nur e christl-nat. Meinung.
Versteht ihr – das ist genau DAS was sie den Linken vorwerfen. Das ist ziemlich dreist, aber es funktioniert. Weil anscheinend von Presse bis Wochenblick alle dieses Lament bringen. Narrativ funktioniert durch Breite und Wiederholung. Trotz Presseförderung u Regierungsbeteiligung
Was ich besonders spannend finde in diesem Kommentar ist wie unverfroren und offen mit rechtsextremen Narrativen hantiert wird. „Angebliche Klimakatastrophe“, also Klimawandelleugnung. „new world order“, seit Jahrzehnten Top-narrativ in verschwörungstheoretischen Kreisen.

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