Über rechtsextreme Rhetorik eines hochdotierten Springer-Kolumnisten

Lesezeit: ~3 Minuten

Wir können zumindest sehr viel über rechtsextreme Rhetorik im Moment lernen. „Sie sind gegen ihn, weil er für euch ist“ ist ein altes, wenig originelles, Muster. Trump und zuvor schon Höcke, Strache, Haider haben ihn benutzt. Was will dieser Spruch mit uns machen? #NatsAnalyse

Die dahinterliegenden Frames sind: Klarheit, Selbstheroisierung, Raunen, Pathos, Polarisierung, Dringlichkeit.
Lasst mich das kurz aufschlüsseln.
Zum Ersten bietet der Spruch Klarheit an. Klarheit ist die wirkmächtigste Eigenschaft die politische Sprache haben kann, es ist keine rein rechte Eigenschaft. Ihr- Sie. Viel klarer wird die Konfliktlinie nicht mehr. Sofort intuitiv erfassbar. Man fühlt sich sofort als „ihr“
Zum Zweiten ist es neben der Klarheit auch die Polarisierung. Es gibt nur noch ein Wir – Die bzw Ihr-Sie. Komplexe soziale Vorgänge und eine ambivalente, dialektische und fragmentierte Wirklichkeit wird auf den Gegensatz „Ihr-Die“ runtergebrochen.
Zum Dritten ist es Selbstheroisierung. Der Sprecher ordnet sich nämlich nicht einer der Gruppen zu. Er hat eine heroische Sonderstellung. Er beschützt das „Ihr“ vor dem „Sie“. Er ist auf „unserer“ Seite, aber er ist etwas Besonderes. Er ist Individuum, nicht Masse.
Das ist ein typischer Topos des Rechtsextremismus: der heroische Einzelkämpfer für das Volk, der all die Bürde auf sich nimmt und uns schützt. Diametraler Unterschied zu linker (von mir aus linkspopulistischer) Rhetorik: Not me, us.
Diese Sonderstellung des rechtspopulistischen/rechtsextremen Akteurs ist ganz wichtig für diese Rhetorik: er kämpft gegen die bösen „Sie“, aber er ist nicht nur einfacher Teil des „ihr“, sondern ist auserwählt/berufen und hat immer eine Sonderstellung. Er ist besonders.
Zum Vierten der Pathos. Jede Auseinandersetzung, jede Handlung hat welterschütternde Bedeutung. Alles ist ganz tief, ganz dramatisch, ganz tragisch. Jeder Millimeter, der hergegeben wird hat fatale Konsequenzen. Das ist d Pathos der Kriegspropaganda, man wähnt sich im Kulturkrieg.
Fünftens das Raunen: das „Sie“ wird ja nie aufgelöst. „Sie“ sind Alle, die nicht „ihr“ sind. Das lässt Projektionen u Ängste zu. „Sie“ sind e dunkle, nie benannte Macht, die im Hintergrund alles zum Schaden der „ihr“ macht. „Sie“ sind übermächtig u ihr einziges Ziel ist Schaden.
Ich brauche wohl nicht ausführen was das für einen Topos bedient. Es ist wichtig in dieser Sprache das Gegenüber diffus zu belassen und ihm gleichzeitig unendliche Macht zuzusprechen. Außerdem ist es abgrundtief intrinsisch böse. Ableitung: es muss weg. (Dazu haben wir den Held)
Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass der Held das „ihr“ ja nur verteidigt. Die konstruierte Bedrohung gibt Legitimation für jede Art der Handlung. In der Selbstverteidigung ist alles erlaubt und es wird zu einem Überlebnskampf wir-die.
Sechstens: damit sind wir auch schon beim letzten Punkt: Dringlichkeit. Es muss jetzt sofort etwas passieren, wir müssen jetzt handeln. Jetzt. Jetzt. Jetzt. Kein Nachdenken, reflektieren mehr, sondern sofortige Handlung.

Diese Art des unterschwelligen Appells dient also dazu eine Situation zu befeuern und zu eskalieren. Es ist ein Aufruf an die eigene Gefolgschaft sich nicht zurück zu nehmen, sondern dem agierenden Helden beizustehen.
Das war’s. Es ist eine effektive Art der Kommunikation eines martialischen, verschwörungsideologischen, kulturkriegerischen Weltbildes. Alles in sehr wenigen Worten. Die Wirkung ist dementsprechend. Ich wünsche euch einen angenehmen Tag.

 

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